Nikolaus Kolb, Oboe; Das Neue Ensemble Hannover; Leitung: Stephan Meier

 

Programmtext

Mit „Kaleidoskop“ für Solo-Oboe, Streichorchester bzw. Streichquintett und Cembalo unternahm ich einen Versuch: entsprechend einem Kaleidoskop isolierte ich musikalische Gedanken, um sie dann fast zufällig und stets neu miteinander zu kombinieren. Das Stück besteht – einfach ausgedrückt – aus mehreren „kleinen, bunten Steinen“, die durch Drehen und Wenden immer anders aufeinander treffen und so unterschiedliche Bilder erzeugen. Der Grad der Veränderungen ist dabei unterschiedlich und der Wechsel kann mehr oder weniger abrupt sein. Eine tatsächliche Metamorphose von einem zum anderen Bild wird man jedoch (wie auch bei einem Kaleidoskop) an keiner Stelle finden. Das Tempo der Veränderungen ist unregelmäßig, mal wird das Glas schneller gedreht, mal wird ein Bild länger angeschaut.

Entsprechend den auf Zufall beruhenden Bildern eines Kaleidoskops ergibt sich im Verlauf des Stücks scheinbar zufällig und unvermittelt ein Walzer, der an dieser Stelle auch ein Spiel mit verschiedenen historischen Perspektiven bedeutet. Die Besetzung Oboe, Streichorchester und Cembalo ist ja assoziativ sehr beladen: schon wenn man die Besetzung liest, scheint die Musik der italienischen Meister des Barock zu klingen. So „veraltet“ heute die Barock-Musik scheint, so war sie es auch bereits in früherer Zeit, z.B. vor 150 Jahren. In der Barockmusik spielten Tanzformen eine große Rolle. Der erst im 19. Jahrhundert entstandene Walzer stellt daher eine Art „Zwischen-Blickwinkel“ dar. Ein – aus heutiger Sicht ebenso veralteter – Walzer ist vom Cembalo gespielt eine klangliche Vorwegnahme. Wenn dann der „Kaiser-Walzer“ von Johann Strauß rhythmisch zitiert wird, ist das sozusagen ein umgekehrtes Zitat.