Programmtext

Die Komposition nimmt sich das Kreisen zum Thema – Kreisen von Figuren, Harmonien, Skalen, strukturellen Abfolgen u.a. Angeregt durch Rilkes Gedicht „Das Karussell“ tauchen bestimmte Gestalten immer wieder auf, es gibt verschiedene Geschwindigkeiten des Drehens, ebenso wie neue „Runden“. Die vier Musiker treffen dabei in unterschiedlichen Zeit- Schichten immer anders aufeinander.

Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge
und hält sich mit der kleinen heißen Hand,
dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge.

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und auf den Pferden kommen sie vorüber,
auch Mädchen, helle, diesem Pferdesprunge
fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge
schauen sie auf, irgendwohin, herüber –

Und dann und wann ein weißer Elefant.
(Auszug aus „Das Karussell – Jardin du Luxembourg“ von R. M. Rilke [Neue Gedichte] in: „Die schönsten Gedichte“ © R. Piper GmbH & Co KG, München)

Ein weiterer Kreis wird zu einem anderen Gedicht Rilkes gezogen: „Pont du Carrousel“. Jenes Gedicht, das denselben Begriff (wenngleich in anderer Sprache) in seinem Titel trägt, zeigt entgegen den bunten und bewegten Bildern des „Karussells“ eine düstere und bedrückte Stimmung auf. Das „Carrousel/Karussell“ beschreibt hier nicht einen sich drehenden Gegenstand in der Welt, sondern die Welt selbst, wo alles „irrt und rinnt und prunkt“ – eine starre, blinde Statue auf einer Brücke ist dagegen „der unbewegliche Gerechte, in viele wirre Wege hingestellt“).
(aus „Pont du Carrousel“ von R. M. Rilke [Buch der Bilder] in: „Die schönsten Gedichte“ © R. Piper GmbH & Co KG, München)
Die Komposition ist im Auftrag des Festivals “ADevantgarde” 2007 entstanden.